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Wird Deutschland autoritär? Auch hier darf man Exzellenzen nicht „Schwachkopf“ nennen

Wird Deutschland autoritär? Auch hier darf man Exzellenzen nicht „Schwachkopf“ nennen

Dies ist eine Botschaft an meinen mutmaßlichen Stammleser Maha Vajiralongkorn Phra Vajiraklaochaoyuhua in Bangkok. Als König Rama X. weist er dem thailändischen Volk streng, aber auch militärgestützt den Weg. Majestät, darf ich etwas vortragen?

Ihnen ist gewiss nicht entgangen, was über Ihr Reich am 7. August 2024 vom Berliner Auswärtigen Amt verlautbart wurde: „Das heutige Verbot der größten Oppositionspartei MFP ist ein harter Rückschlag für die Demokratie.“ Es sei wichtig, „dass alle demokratischen Parteien ihren Wählerauftrag frei ausüben können“. Ihr Verfassungsgericht hatte die Fortschrittspartei aufgelöst. Die MFP wollte eine Grundfeste des Staates aushöhlen: das Delikt der Majestätsbeleidigung. Weiterhin drohen denen bis zu 15 Jahre Haft, die Ihren Ratschlüssen und Schranzen lästerliche Widerworte geben.

Nicht nur besagte Depesche insinuiert eine Distanz zwischen unseren Ländern. Soeben wurde hierzulande die Organisation „Königreich Deutschland“ verboten. Unser neuer Machthaber wird nicht Kaiser, obwohl er Friedrich heißt. Das alles wirkt, als wären autoritäre Anwandlungen und deutsche demokratische Gepflogenheiten unvereinbar. Hoheit, erlauben wir nicht, dass durch Missverständnisse Gräben aufreißen. Lassen wir unsere Demokratie® eine Brücke sein.

Auch bei uns haben Krethi und Plethi ihre Zungen vor der Herrschaft zu zügeln. Der Würdespezialschutz Eurer Durchlaucht fällt bei uns unter „Delegitimierung des Staates“. Auch hier darf man Exzellenzen nicht „Schwachkopf“ nennen. Strafrechtsparagraph 188 ächtet „gegen Personen des öffentlichen Lebens gerichtete Beleidigung“. Einmal verbot unsere Innenministerin rechtswidrig eine Zeitschrift. Ein Journalist karikierte sie. Er, nicht sie, bekam sieben Monate auf Bewährung. Samt Auflage, sein Opfer demütigst um Vergebung zu bitten. Ja, Hoheit, die Kerkerdrohung wirkt läppisch. Aber der Canossagang gefällt Ihnen, oder?

In einer Demokratie sind Staatsorgane zur Neutralität verpflichtet. Könige alten Schlages finden das lästig. Für unsere Demokratie® kein Problem. Bei uns werden absolut unabhängige Nichtregierungsorganisationen von der Regierung dafür bezahlt, sich um Regierungsgegner zu kümmern. Unser der Regierung unterstellter, aber absolut autonomer Inlandsgeheimdienst empfahl soeben, dass die stärkste Oppositionspartei ihren Wählerauftrag nicht ausüben sollte. Verbotsanregungsbasis ist eine – soweit bekannt –Sammlung kritischer, mitunter degoutanter, aber meist – jedenfalls derzeit noch ­– von der Meinungsfreiheit gedeckter Zitate. Beim Vorgangsverständnis hilft die Aussage eines Ex-Landespolitikers, die Politik habe „ziemlich gute Leute reingebracht“ bei „der Generalstaatsanwaltschaft und auch beim Verfassungsschutz“ und „hoffe sehr, dass sich das in Zukunft bemerkbar macht.“

Was Sie und Ihr Gefolge, Majestät, zudem inspirieren könnte: Bei uns appellieren Alpha-Journalisten an ihre Kollegen, die schlechte Partei nicht mal mehr zu erwähnen, es sei denn mit Warnhinweis. Wer den Geheimdienst eben noch zwielichtig fand, erkennt dessen Bewertung nun als Gottesurteil. Bei uns sorgen nicht Soldaten für Ordnung; schädliche Elemente erledigt Fernsehinquisitor Böhmermann. Rama X., fühlen Sie sich ermutigt, es mal mit unserer Demokratie® zu versuchen. Dem, der beherzt zugreift, bietet sie alle Chancen.

Berliner-zeitung

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